Betrieb von Umrichtern

Beim Einsatz von Frequenzumrichtern treten im Störfall Gleichfehlerströme mit geringer Restwelligkeit auf. Die in Haushalt und Industrie bewährten pulsstromsensitiven Fehlerstrom(FI)-Schutzschalter können diese Art von Fehlerströmen nicht sicher schalten. Aus diesem Grund wurden sogenannte allstromsensitive  FI-Schutzschalter  entwickelt. Der Beitrag stellt die Funktionsweise von Frequenzumrichtern und von verschiedenen FI-Schutzschaltertypen vor und beschreibt die Anlagenprojektierung mit diesen Geräten.


Einleitung
In der elektrischen Antriebstechnik hat der Drehstromasynchronmotor dank seiner Robustheit, der problemlosen Handhabung und des Preises einen festen Platz mit hoher Marktakzeptanz erobert. Zusammen mit der Möglichkeit durch einen vorgeschalteten Frequenzumrichter die Drehzahl stufenlos zu regeln, wurden und werden ständig neue Anwendungsfelder erschlossen. Flexibilität, Umweltverträglichkeit, Energie- und Kosteneinsparung sind dabei wichtige Argumente für dieses Antriebskonzept und fördern die weitere Verbreitung.

In der Elektrotechnik ist der Schutz des Menschen und seiner Sachwerte, sowie der Schutz von Nutztieren eine vorrangige Aufgabenstellung. Dies wird durch eine entsprechende Normen- und Gesetzgebung untermauert. Eine dabei weit verbreitete Schutzmassnahme bei indirektem und direktem Berühren spannungsführender Teile ist der Einsatz von Fehlerstrom (FI) –Schutzeinrichtungen.

Wird diese Schutzmassnahme zusammen mit Frequenzumrichtern eingesetzt, muss eine gegenseitige Verträglichkeit gegeben sein. Um diese für den Anwender sicherzustellen, werden nachfolgend die zu beachtenden Punkte dargestellt.
 

Grundsätzlicher Aufbau und Funktion von Frequenzumrichtern
Frequenzumrichter sind Leistungselektronikgeräte, die hauptsächlich zur Drehzahlverstellung von Drehstrommotoren eingesetzt werden. Das Grundprinzip dabei ist eine Gleichrichtung der Netzspannung mittels B2-Gleichrichterbrücke bei Wechselspannung oder B6-Gleichrichterbrücke bei Drehstromversorgung. Anschliessend wird diese Gleichspannung noch geglättet und dann durch einen Wechselrichter wieder in eine Ausgangsspannung umgeformt, bei der Spannungshöhe und Frequenz variiert werden können (siehe Abb.1).
 

Abb. 1:
Schematischer Aufbau eines Antriebs mit FI-Schutzschalter (Residual Current operated Device, RCD), Frequenzumrichter und Drehstrom-Asynchronmotor


Verschiedene Umrichterarten können dabei mit unterschiedlichen Bauelementen, Komponenten oder Verfahren arbeiten, das Grundprinzip wird aber stets das gleiche bleiben.

Bedingt durch Funkentstörmassnahmen und dem Verbindungskabel zum Motor entstehen im Betrieb der Frequenzumrichter Ableitströme. Diese sind in ihrer Größe und Frequenz abhängig von:

  • den Erdungsverhältnissen
  • der Leistungsgröße des Antriebes
  • der Länge und der Schirmung des Motorkabels
  • dem Pulsmuster und der Taktfrequenz des Umrichters
  • den Funkentstörmassnahmen
     

Dabei steigt der Ableitsstrom an je wirkungsvoller die hochfrequenten kapazitiven Störungen reduziert werden sollen. Dies bedeutet, dass bei dem Wunsch nach einem besseren Funkentstörgrad auch mit einem Anstieg des Ableitstromes gerechnet werden muss.

So wird ein Frequenzumrichter ohne Funkentstörmassnahmen und mit relativ kurzer Leitungslänge (ca. 5m) zum Motor in der Leistungsklasse 1,5kVA einen Ableitstrom von 2-4mA erzeugen. Wird bei gleicher Konstellation der Funkentstörgrad B gefordert, steigt der Ableitstrom auf ca.20mA an. Bei Verwendung von längeren geschirmten Motorkabeln muss mit einer Zunahme des Ableitstromes um ca. 0,5-1mA je Meter Leitungslänge gerechnet werden.

Bei dem Versuch, diesen Ableitstrom zu messen, kommt es in den meisten Fällen zu Fehlmessungen. Dies liegt an den verwendeten Messgeräten, die üblicherweise für unsere normalen Wechelspannungsgrößen bei 50Hz ausgelegt sind. Der zu messende Ableitstrom ist aber eine Mischung verschiedener Frequenzen in einem Bereich von 150Hz bis 10kHz und  Schwerpunkten bei der 3- und 6-fachen Netzfrequenz sowie der Taktfrequenz des Wechselrichters. Um falsche Messergebnisse zu vermeiden, kann eine exakte Messung nur mit Echteffektivwert – Messgeräten und einem Prüfaufbau nach IEC 990 durchgeführt werden.
 

Pulsstrom- und allstromsensitive FI-Schutzschalter
Fehlerstrom-Schutzschalter  in pulsstromsensitiver, stoßstromfester Ausführung haben sich beim Einsatz in Haushalt und Industrie bewährt und werden zunehmend in Errichtungsbestimmungen vorgeschrieben. Diese Art von FI-Schutzschaltern nach DIN VDE 0664 schalten Wechsel- und pulsierende Gleichfehlerströme ab, die innerhalb jeder Periode der Netzfrequenz mindestens eine Halbperiode lang Null werden. Diese pulsstromsensitiven Fehlerstrom-Schutzschalter werden nach der internationalen Norm IEC 60755 „General requirements for residual current operated devices“ bezüglich der Fehlerstromform als Typ A bezeichnet. Die Auslösefunktion dieser FI-Schutzschalter wird bei einem Fehlergleichstrom von maximal 6mA nicht beeinträchtigt.
 
Die Anzahl der Schaltungsarten und damit Verbraucher, bei denen im Fehlerfall glatte Gleichfehlerströme auftreten können, wird weiter zunehmen. Sie sind bei elektrischen Betriebsmitteln, die mit einer B6-Gleichstrombrücke am Drehstromnetz arbeiten, zu berücksichtigen. Dies betrifft z.B. Umrichter, Gleichstrom- und Servoantriebe. Nachdem pulstromsensitive FI-Schutzeinrichtungen von derartigen Gleichfehlerströmen in ihrer Auslösefunktion negativ beeinflusst werden, dürfen elektrische Betriebsmittel, die im Fehlerfall glatte Gleichfehlerströme erzeugen, nicht in Verbindung mit solchen FI-Schutzeinrichtungen betrieben werden.
 

Eine technisch perfekte und wirtschaftliche Lösung bietet hier der allstromsensitive FI-Schutzschalter, der nach IEC 60755 als Typ B bezeichnet wird. Den Aufbau dieser Schutzschalter zeigt Bild 2.
FI-Schutzschalter müssen so konzipiert sein, dass sie unterhalb des angegebenen Schutzpegels in einem Bereich zwischen dem 0,5 bis 1,0-fachen Nennfehlerstroms ansprechen. Um zusätzlich die internen Toleranzen zu berücksichtigen, wird ein 30mA FI-Schutzschalter daher ab ca. 15 bis 20mA schalten.

Der Begriff Fehlerstrom-Schutzschalter für spannungsunabhängige Geräte und Differenzstrom-Schutzschalter für spannungsabhängige Geräte wurde bisher im deutschsprachigen Raum verwendet. In den internationalen  Normen werden diese Geräte jetzt als Residual Current operated Circuit-Breaker (RCCB) bezeichnet. In den Errichtungsbestimmungen ist der übergeordnete Begriff für Fehlerstrom- Schutzeinrichtungen als Residual Current operated Device (RCD) bereits eingeführt. Eine Erklärung zu diesen Begriffen wird in dem Vorwort der EN 61008-1 gegeben.
 


Bild 2: Prinzipschaltbild eines allstromsensitiven FI-Schutzschalters in einem Netz


Ein Differenzstrom-Überwachungsgerät (RCM= Residual Current Monitoring Device) nach DIN EN 62020 Juli 1999 ist zur Realisierung der Schutzmaßnahme mit Abschaltung für TT- und TN-Netze nicht zugelassen.
 

Anlagenprojektierung mit FI-Schutzschaltern und Frequenzumrichtern
Werden in einer Anlage Verbraucher betrieben, die im Fehlerfall glatte Gleichströme erzeugen können und soll der Anlagen- oder Personenschutz durch FI-Schutzeinrichtungen umgesetzt werden, ist die Verträglichkeit untereinander zu gewährleisten. Dies betrifft z.B.:

  • Frequenzumrichter, Stromrichter, Gleich- und Servoantriebe
  • Medizinische Geräte, wie z.B. Röntgengeräte
  • USV-Anlagen und Ladestationen
  • Aufzugssteuerungen

Auf die Verträglichkeit mit Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen und der richtigen Auswahl wird ausführlich in EN 50178 (VDE 0160) „Ausrüstung von Starkstromanlagen mit elektronischen Betriebsmitteln“ April 1998 Abs. 5.2.11.2 und Abs. 5.3.2.3 eingegangen. Diese Norm muss von dem Anlagenbauer bei der Projektierung berücksichtigt werden. Es wird gefordert, dass elektrischen Verbrauchsmittel, die im Fehlerfall glatte Gleichfehlerströme erzeugen können, einem eigenen Stromkreis mit allstromsensitiver FI-Schutzeinrichtung zuzuordnen sind. Nicht zulässig ist das Abzweigen von solchen Stromkreisen nach pulsstromsensitiven FI-Schutzeinrichtungen, da diese in ihrer Funktion beeinträchtigt würden.

In der Praxis möchte man natürlich unbeabsichtigte Auslösungen der FI- Schutzeinrichtungen vermeiden. Es sollten daher bei der Projektierung von Anlagen typische Verhaltensweisen der Verbraucher und der Versorgungsnetze berücksichtigt werden. Für Funkentstörfilter ist der Ableitstrom bei Normalbetrieb meist angegeben. Für einen störungsfreien Betrieb sollten aber die höheren Werte, wie sie bei Netzunsymmetrie, bei Phasenausfall oder im Überlastfall auftreten, beim Hersteller des Betriebsmittels angefragt und berücksichtigt werden. Bei dem Einschalten der Netzspannung und bei Netztransienten werden Filter unsymetrische Stromspitzen im Bereich einiger Millisekunden erzeugen die zur Auslösung führen können. Dies geschieht z.B. durch defekte Schützkontakte oder bei Gewitter. Eine Verbesserung ist mit kurzzeitverzögerten oder zeitverzögerten, sogenannten selektiven, Schutzschaltern zu erreichen.

Vor der erstmaligen Inbetriebnahme einer Anlage muss der Errichter die Erfüllung der Schutzmassnahme nachweisen. Die dazu notwendige Prüfung wird in DIN VDE 100 Teil 610 beschrieben und geeignete Prüfgeräte sind auf dem Markt vorhanden. Der Anlagenbetreiber selbst hat dann die ordnungsgemässe Funktion des FI-Schutzschalters mindestens halbjährlich zu prüfen, was mit der integrierten Prüftaste möglich ist.

Autor: Dipl.-Ing. Hartmut Dorner, Leiter Netzanalyse,  Danfoss Antriebs- und Regeltechnik GmbH in 63073 Offenbach
 

Literaturhinweise:

  • W.A. Bopp, H.Wilbertz,
    Historische Entwicklung des FI-Schutzes,  Elektropraktiker, Berlin 93/10
  • R.Solleder,
    Allstromsensitive Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen für Industrieanwendungen, etz, Bd.115/94 Heft16
  • EN 61543 / IEC 1543   Juli 1996, Fehlerstromschutzeinrichtungen für Hausinstallationen u.ä. Verwendung
  • EN 61008-1   Dezember 1999, Fehlerstrom-/Differenzstrom-Schutzschalter ohne Überstromschutz für Hausinstallationen u.ä. Anwendungen
  • EN 50178  (VDE 0160)  April 1998, Ausrüstung von Starkstromanlagen mit elektronischen Betriebsmitteln