Blitzentladungen

Lightning Discharges
Blitzentladungen finden innerhalb von Wolken, zwischen Wolken und zum kleineren Teil zwischen Wolken und Erde statt. Bevor es zur Blitzentladung kommt, können zwischen Gewitterwolken und der Erde Spannungen von einigen 100 Millionen Volt auftreten. Im Blitz selbst fließen dann während des Entladungsvorgangs in Sekundenbruchteilen pulsförmige Ströme [Anstiegszeit 1 bis 2 µs, Impulslänge ca. 50 µs], deren Scheitelwerte im Extremfall bis zu einigen 100 kA erreichen können. Die in einem Blitz enthaltene Energiemenge [etwa 105 Joule pro Meter] wird entlang des Blitzkanals in akustische [Donner], thermische, Licht- und elektromagnetische Wirkungen umgesetzt. Dabei werden die für direkte Blitzeinschläge charakteristischen Schäden [Zerstörungen und Brände] verursacht. Während jedoch die Zahl solcher Schadensfälle durch die zunehmende Realisierung entsprechender Blitzschutzmaßnahmen im Rückgang begriffen ist, hat sich seit Einführung elektronischer Betriebsmittel in die Bereiche der industriellen Produktion und der Bürotechnik die Zahl der Schäden durch indirekte Blitzeinwirkungen, d.h. durch Blitzüberspannungen, dadurch bedingte Produktionsmittelausfälle und damit verbundene Folgeschäden drastisch erhöht.
Weltweit sind ungefähr 2000 Gewitter ständig in Gang, die im Mittel etwa 100 Blitzentladungen je Sekunde verursachen. Die von dieser globalen Gewittertätigkeit ausgehenden atmosphärischen Störungen beeinträchtigen den Funkverkehr und sind ein EMV-Problem der Nachrichtentechnik.Bedeutsam für elektroenergetische und informationstechnische Strukturen in Gebäuden und Industrieanlagen ist dagegen die lokale Gewittertätigkeit. Diesbezüglich kann im mitteleuropäischen Raum mit etwa 15 bis 35 Gewittertagen [thunderstorm-days] im Jahr und mit rund 5 bis 7 Blitzeinschlägen [ground flashes] je Quadratkilometer und Jahr gerechnet werden, wobei die niedrigeren Werte für die nördlichen und die höheren Werte für die südlicheren Regionen gelten. Ein Gewittertag ist dabei aus Sicht der Meteorologie definiert als ein Tag, an dem auf einer Beobachtungsstation mindestens ein Donnergeräusch wahrgenommen wird. Die Blitzhäufigkeit in Deutschland beträgt ca. 2 Mio. Blitze pro Jahr. Einblicke in das aktuelle Gewittergeschehen vermitteln national und regional organisierte Blitz-Informationsdienste.
In Bezug auf die Intensität einer Blitzeinwirkung ist grundsätzlich zwischen Direkt- bzw. Naheinschlägen und Ferneinschlägen zu unterscheiden. Beim Direkteinschlag trifft der Blitz die Blitzschutzanlage des geschützten Gebäudes, apparative Anlagenteile, bzw. Niederspannungs- oder MSR-Kabel, die in das geschützte Gebäude führen. Aus Sicht der EMV ist von Interesse, dass bei einem Direkteinschlag die Erdungsanlage des betroffenen Objekts gegenüber der fernen Erdumgebung auf ein Potenzial von bis zu 1 Million Volt angehoben werden kann, und dass in Signalleitungsschleifen bzw. Installationsschleifen, wie sie z.B. durch Versorgungs- und Datenleitungen gebildet werden, je nach den Abmessungen der Schleife und ihren Abstand vom Blitzkanal, durch die blitzbegleitenden Felder Spannungen von einigen 10 V bis zu mehreren 100 kV induziert werden können. Bei Ferneinschlägen trifft der Blitz die Mittelspannungsfreileitung, oder durch Wolke-zu-Wolke-Entladungen werden auf der Leitung Spiegelladungen freigesetzt. In beiden Fällen breiten sich längst der Freileitung Überspannungswanderwellen mit hoher Geschwindigkeit aus. Beim Erreichen von Umspannstationen, die in das Niederspannungsnetz einspeisen, werden sie durch Überschläge an den Isolatoren oder durch Überspannungsableiter auf einige 10 kV begrenzt. Sind in dem betroffenen Objekt keine weiteren Überspannungsschutzeinrichtungen vorhanden, kommt es zu unkontrollierten Über- oder Durchschlägen an Isolationsschwachpunkten oder in harmloseren Fällen auf dem Weg über die Stromversorgung zu Funktionsstörungen in den elektrischen Betriebsmitteln.
Grundsätzlich ist jede Blitzentladung und jeder durch einen Leiter fließende Blitzteilstrom von transienten elektromagnetischen Feldern [LEMP] begleitet, die im Umkreis bis zu 2 Kilometern in Leiterschleifen Spannungen von störender oder zerstörender Wirkung einkoppeln können