Mit THX gegen Oberschwingungen

Bei hohem Anteil elektronischer Geräte an der Gesamtlast stellt man trotz gleichmäßiger Verteilung dieser einphasigen elektrischen Verbraucher auf die drei Außenleiter eine ungewöhnlich hohe Neutralleiterbelastung fest.


Verursacher
Netzteile mit kapazitiver Glättung, die in vielen Geräten mit elektronischen Schaltungen eingesetzt werden, erzeugen unter anderem als Netzrückwirkung einen hohen Anteil 150 Hz-Strom. 
 
Beispiele:

  • EDV
  • Fernsehgeräten
  • Kompaktleuchten (Energiesparlampen)
  • Video
  • alle Haushaltsgeräte mit Elektronik
  • Eisenkerndrosseln im Sättigungsbetrieb
  • Konventionelle Vorschaltgeräte in Langfeldleuchten
  • Trafos von HQL-Leuchten
  • ....

 
Auswirkung
Die typischen Oberschwingungen z. B. 6-pulsiger Schaltungen stellen im 3-phasigen Netz wie auch die Grundschwingung ein Drehfeld dar, nicht aber die 3. Harmonische und deren Vielfache. Die 150 Hz Ströme stellen ein Nullsystem dar. Ihre Phasenströme heben sich im Sternpunkt nicht auf, sondern addieren sich und fließen in Summe über den Neutralleiter zu den Erzeugern zurück. Hierdurch entstehen verschiedene Probleme:

Überlastung des N-Leiters

  • Brandrisiko
  • bei N-Leiterunterbrechung Spannungsunsymmetrie mit der Folge von Geräteausfall oder Zerstörung Überlastung von USV-Anlagen
  • hohe Pulsstrombelastung mit der Folge geringerer Auslastbarkeit

 

Wie man diesem Problem begegnen kann
Was ist zu tun, wenn ein solches Problem (beispielsweise bei einer Prüfung der elektrischen Anlage) erkannt wird? Hier muss von Fall zu Fall entschieden werden. Ohne Eingriffe in die bestehende elektrische Anlage kann man im Grunde nur versuchen, die Belastung zu reduzieren.

Man senkt die Leistung so weit, bis im N-Leiter ein für ihn erträglicher Strom fließt. Allerdings wird dies in der Praxis kaum möglich sein. Eine andere Möglichkeit wäre, den Leiterquerschnitt der entsprechenden Zuleitung zu erhöhen. In beiden Fällen bedeutet dies jedoch eine Überdimensionierung der Zuleitung in bezug auf die Außenleiterbelastung.
 
In jedem Fall muss der N-Leiter vor Überlast geschützt werden. Dazu blieben zwei Möglichkeiten:

1. Möglichkeit: - ohne Entlastungsfilter
a) In allen Fällen gilt: Einen PEN-Leiter stets vermeiden (TN-S-System).
b) N-Leiter müssen gegen Überstrom geschützt werden. Nicht nur die Außenleiter müssen gegen Überstrom überwacht werden, sondern auch der N-Leiter - z. B. durch Leistungsschalter (siehe Bild 1). Wird auch der N-Leiter vom Netz getrennt, müssen zuerst alle Außenleiter abgeschaltet werden. Beim Wiedereinschalten ist der N-Leiter vor den Außenleitern einzuschalten.

 

 

Bild 1: Außenleiter- und N-Leiterschutz durch Leistungsschalter und Signalisierung an besetzter Stelle
 
Anmerkung:

Ebenso ist es möglich, den N-Leiterstrom durch Stromwandler zu überwachen und ab einer bestimmten Stromhöhe für die Auslösung eines Schalters (beispielsweise eines Leistungsschalter) zu sorgen, der lediglich die drei Außenleiter vom Netz trennt.
 

c) Es ist sinnvoll mit einer Meldeeinrichtung anzuzeigen, dass die Anlage    wegen Überlastung des N-Leiters abgeschaltet wurde.
d) Bei der Auslegung der Spannungsquellen, wie Transformatoren, ist die zweifache Wirkleistung der nichtlinearen elektrischen Verbraucher zu berücksichtigen. Darüber hinaus müssen bei der Dimensionierung auch die höheren Verluste, die durch andere als 3. harmonische Oberschwingungen verursacht werden, beachtet werden.
e) Auf eine Reduzierung des N-Leiters sollte stets verzichtet werden (siehe nächster Punkt).
f) Bei der Bemessung der Leitungsquerschnitte ist die zweifache Wirkleistung der angeschlossenen nichtlinearen elektrischen Verbraucher zu berücksichtigen. PEN- bzw. N-Leiter sind mindestens für die Summe der Ströme der 3. harmonischen Oberschwingung in allen Außenleitern zu dimensionieren. Wenn also zu erwarten ist, dass wegen hoher Oberschwingungsströme die N-Leiterbelastung höher liegt als die Außenleiterbelastung, so muss der Querschnitt des Kabels bzw. der Leitung nach der Belastung des N-Leiters ausgelegt werden.

Anmerkung 1:
Wird der PEN- (wenn vorhanden) bzw. N-Leiter für den doppelten, vorstehend ermittelten Außenleiterquerschnitt dimensioniert, ist üblicherweise nicht mit einer Überlastung zu rechnen.

Ankerkung 2:
Da der N-Leiter (bzw. wenn vorhanden der PEN-Leiter) jedoch bei einem hohen Anteil von Oberschwingungsströmen des Nullsystems höher belastet sein kann als die Außenleiter, kommt es dazu, dass für den benötigten Betriebsstrom viel zu hohe Querschnitte verlegt werden müssen. Dies trifft im übrigen auch für die oberschwingungsbelasteten
Außenleiter selbst zu, da die Oberschwingungen Blindleistungen
produzieren. Aus diesem Grund lohnt sich letztlich bei hoher Oberschwingungsbelastung nur der Einsatz eines entsprechenden Netzfilters.
 
g) Kompensationskondensatoren sind zu verdrosseln, um schädliche Netzresonanzen zu vermeiden. Dabei ist das Ton-Frequenz-Rundsteuersignal (TF) zu beachten.
h) Die Auslastbarkeit von USV-Anlagen kann ggf. durch einen zu hohen Crestfaktor begrenzt werden. Bei ihrer Auslegung sind deshalb die nichtlinearen Verbraucher mit der dreifachen Wirkleistung zu berücksichtigen.

2. Möglichkeit – mit Entlastungsfilter
Eine andere Möglichkeit wäre, in Serie zu jedem oder einer Gruppe von oberschwingungserzeugenden Geräten ein Reihenresonanzfilter zu installieren, das die 50 Hz Grundschwingung durchlässt und für alle anderen Frequenzen, also auch für andere Oberschwingungen,
eine hochohmige Impedanz darstellt.4 In den EVG namenhafter Hersteller in Deutschland geschieht dies bereits bei einer Leistung ab 25 W bzw. 36 W.

Kostengünstiger wäre in vielen Fällen eine zentrale Lösung, die in Bild 2 gezeigt wird.

 

 

 

Bild 2: Einsatz eines Filters gegen die 3. harmonische Oberschwingung in einem TN-System
 

Anmerkung 1:
Es handelt sich bei der in Bild 2 dargestellten Lösung um ein Netzfilter, das insbesondere die 3. harmonische Oberschwingung sperrt. Wichtig ist hier, dass man die Stromkreise, in deren N-Leiter dieses Filter eingebracht wird, durch eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung überwacht, da im Fall einer unbeabsichtigten Verbindung des N-Leiters mit dem PE-Leiter das Filter über den PE-Leiter kurzgeschlossen wird und dazu der Strom der 3. harmonischen Oberschwingung über den PE-Leiter fließen würde.

Anmerkung 2:
Letzteres gilt nicht für den Fall, dass das Filter im Sternpunkt eingebracht wird (Bild 2 unten). Allerdings sollte man in diesem Fall darauf achten, dass hierdurch die Schleifenimpedanz der Fehlerschleife erhöht wird. Hier sollte durch Messung ermittelt werden, ob die notwendige Abschaltzeiten nach DIN VDE 0100-410 noch eingehalten werden.