Technische Erläuterungen und Vorschriften


Überspannungs-Schutzgeräte

Überspannungs-Schutzgeräte sind Betriebsmittel, deren wesentliche Komponenten spannungsabhängige Widerstände (Varistoren, Suppressordioden) und/oder Funkenstrecken (Entladungsstrecken) sind.

Überspannungs-Schutzgeräte dienen dazu, andere elektrische Betriebsmittel und elektrische Anlagen gegen unzulässig hohe Überspannungen zu schützen und/oder den Potentialausgleich herzustellen.


Überspannungs-Schutzgeräte werden eingeteilt:
a) nach ihrer Anwendung in:

  1. Überspannungs-Schutzgeräte für Anlagen und Geräte der Energie-technik im Spannungsbereich bis 1000 V Nennspannung mit Unterteilung in Blitzstrom-Ableiter (Anforderungsklasse B) und Überspannungs-Ableiter (Anforderungsklassen C, D) nach E DIN VDE 0675-6:1989-11, -6/A1:1996-03 und -6/A2:1996-10

 

  1. Überspannungs-Schutzgeräte für Anlagen und Geräte der Informations-technik im Spannungsbereich bis 60 V (abgesehen von Sonderlösungen, z. B. Telefonanlagen mit Rufspannung). Diese Ableiter werden nach DIN VDE 0845 Teil 1 Abschnitt 4.2.2 bzw. E DIN VDE 0845 Teil 2:1993-10 auch als Überspannungsbegrenzer bezeichnet
     
  2. Trennfunkenstrecken für Erdungsanlagen oder zum Potentialausgleich


b) nach ihrem Stoßstrom-Ableitvermögen in:

  1. Blitzstrom-Ableiter für Beeinflussungen infolge von Direkt oder Naheinschlägen (Einsatz an den Schnittstellen zwischen den Blitz-Schutzzonen 0A und 1)
     
  2. Überspannungs-Ableiter für Ferneinschläge, Schaltüberspannungen sowie elektrostatische Entladungen (Einsatz an den Schnittstellen, der auf die Blitz-Schutzzone 0B folgenden Blitz-Schutzzonen)


Technische Daten von Überspannungs-Schutzgeräten

Die technischen Daten von Überspannungs-Schutzgeräten beinhalten Angaben, die ihre Einsatzbedingungen festlegen nach:

  •  Anwendung
    (z.B. Einbau, Netzbedingungen, Temperatur)
     
  • Verhalten bei Beeinflussung
    (z.B. Stoßstrom-Ableitvermögen, Folgestromlöschvermögen, Schutzpegel, Ansprechzeit)
     
  • Verhalten im Betrieb
    (z.B. Nennstrom, Dämpfung, Isolationswiderstand)
     
  • Verhalten bei Defekt
    (z.B. Vorsicherung, Abtrennvorrichtung, fail safe)


Nennspannung UN
Sie entspricht der Nennspannung des zu schützenden Systems. Die Angabe der Nennspannung dient bei Schutzgeräten für informationstechnische Anlagen oftmals der Typkennzeichnung. Bei Wechselspannung wird sie als Effektivwert angegeben.

Ableiter-Bemessungsspannung UC
Die Ableiter-Bemessungsspannung (max. zul. Betriebsspannung) ist der Effektivwert der max. Spannung, die betriebsmäßig an die dafür gekennzeichneten Anschlussklemmen des Überspannungs-Schutzgerätes angelegt werden darf. Sie ist diejenige maximale Spannung, die am Ableiter im definierten, nichtleitenden Zustand liegt und nach seinem
Ansprechen das Wiederherstellen dieses Zustandes sicherstellt.
 
Der Wert von Uc richtet sich nach der Nennspannung des zu schützenden Systems sowie den Vorgaben der Errichter-Bestimmungen (E DIN VDE 0100-534/A1:1996-10)

Nennstrom IN
Der Nennstrom ist der höchste zulässige Betriebsstrom, der dauernd über die dafür gekennzeichneten Anschlussklemmen geführt werden darf.

Nennableitstoßstrom isn
Der Nennableitstoßstrom ist der Scheitelwert eines Stoßstromes der Form 8/20 µs, für den das Überspannungs-Schutzgerät nach einem bestimmten Prüfprogramm bemessen ist.

Maximaler Ableitstoßstrom Imax
Der maximale Ableitstoßstrom ist der maximale Scheitelwert des Stoßstroms 8/20, den das Gerät sicher ableiten kann.

Blitz-Stoßstrom Iimp
Der Blitzstoßstrom ist ein standardisierter Stoßstromverlauf mit der Wellenform 10/350 µs. Er bildet mit seinen Parametern (Scheitelwert, Ladung, spezifische Energie) die Beanspruchung natürlicher Blitzströme nach (vgl. E DIN VDE 0675-6/A1:1996-03 und DIN VDE 0185-103).
Blitzstrom-Ableiter müssen solche Blitzstoßströme mehrere Male zerstörungsfrei ableiten können.

Schutzpegel UP
Der Schutzpegel eines Überspannungs-Schutzgerätes ist der höchste Momentanwert der Spannung an den Klemmen eines Überspannungs-
Schutzgerätes, bestimmt aus den standardisierten Einzelprüfungen:

  • Ansprechblitzstoßspannung 1,2/50 µs (100%)
  • Ansprechspannung bei einer Steilheit 1 kV/µs
  • Restspannung bei Nennableitstoßstrom

Der Schutzpegel charakterisiert die Fähigkeit eines Überspannungs-Schutzgerätes, Überspannungen auf einen Restpegel zu begrenzen.
Der Schutzpegel bestimmt beim Einsatz in energietechnischen Netzen den Einsatzort hinsichtlich der Überspannungskategorie nach DIN VDE 0110-1:1997-04. Bei Überspannungs-Schutzgeräten zum Einsatz in informationstechnischen Netzen ist der Schutzpegel an die Störfestigkeit der zu schützenden Betriebsmittel anzupassen (DIN EN 61000-4-5).

Ausschaltvermögen, Folgestromlöschvermögen If
Das Ausschaltvermögen ist der unbeeinflusste (prospektive) Effektivwert des Netzfolgestromes, der vom Überspannungs-Schutzgerät beim Anliegen von UC selbstständig gelöscht werden kann. Es wird in der Arbeitsprüfung nach E DIN VDE 0675-6/A1:1996-03 nachgewiesen.

Kurzschlussfestigkeit
Kurzschlussfestigkeit ist der Wert des betriebsfrequenten, prospektiven Kurzschlussstromes, der von dem Überspannungs-Schutzgerät bei
Vorschaltung seiner zugeordneten Vorsicherung beherrscht wird.

Netzseitiger Überstromschutz/Ableitervorsicherung
Netzseitiger Überstromschutz/Ableitervorsicherung ist eine Überstromschutzeinrichtung (z.B. Sicherung oder Leistungsschalter), die
außerhalb des Ableiters auf der Einspeiseseite angeordnet ist mit der Aufgabe, den netzfrequenten Kurzschlussstrom zu unterbrechen,
wenn das Ausschaltvermögen des Überspannungs-Schutzgerätes überschritten wird.

Kombinierter Stoß UOC
Der kombinierte Stoß wird von einem Hybridgenerator (1,2/50 µs, 8/20 µs) mit einer fiktiven Impedanz 2 ½ erzeugt. Die Leerlaufspannung dieses Generators wird als UOC bezeichnet. Die Angabe von UOC erfolgt
bevorzugt bei Ableitern der Anforderungsklasse D.

N-PE-Ableiter
N-PE-Ableiter sind Schutzgeräte, die ausschließlich für die Installation zwischen dem N- und dem PE-Leiter vorgesehen sind.

Temperaturbereich
Der Temperaturbereich gibt den Bereich an, bei dem die Geräte eingesetzt werden können. Bei Geräten ohne Eigenerwärmung ist dieser gleich dem Umgebungstemperaturbereich. Der Temperaturanstieg bei Geräten mit Eigenerwärmung darf dabei den ausgewiesenen Maximalwert nicht überschreiten.

Ansprechzeit ta
Ansprechzeiten charakterisieren im wesentlichen das Ansprechverhalten der einzelnen Schutzelemente, die in Ableitern verwendet werden.
Abhängig von der Steilheit du/dt der Stoßspannung oder di/dt des Stoßstromes können sich die Ansprechzeiten in bestimmten Grenzen ändern.

Thermische Abtrennvorrichtung
Alle Überspannungs-Schutzgeräte für das energietechnische Netz, die mit spannungsabhängigen Widerständen (Varistoren) ausgerüstet sind, besitzen eine integrierte Abtrennvorrichtung, die das Überspannungs-Schutzgerät bei Überlast vom Netz trennt und diesen Betriebszustand anzeigt. Die Abtrennvorrichtung reagiert auf die „Stromwärme“, die ein überlasteter Varistor erzeugt und trennt bei Überschreiten einer bestimmten Temperatur das Überspannungs-Schutzgerät vom Netz. Die Abtrennvorrichtung soll das überlastete Überspannungs-Schutzgerät so rechtzeitig vom Netz trennen, dass eine Brandgefahr vermieden wird. Es ist nicht Aufgabe der Abtrennvorrichtung, die Schutzmaßnahme „Schutz bei indirektem Berühren“ sicherzustellen. Die Funktion dieser thermischen Abtrennvorrichtung wird durch eine simulierte Überlastung/Alterung der Ableiter überprüft.

Schutzart
Die Schutzart IP entspricht der Einteilung der Schutzarten nach DIN EN 60529 (VDE 0470 Teil 1).

Schutzschaltung
Schutzschaltungen sind mehrstufige, kaskadierte Schutzeinrichtungen. Die einzelnen Schutzstufen können aus Entladungsstrecken, Varistoren, Halbleiterbauelementen bestehen. Die energetische Koordination der einzelnen Schutzstufen wird mittels Entkopplungselementen realisiert.

Ableitstrom (bei UN)
Ableitstrom ist der Strom, der betriebsmäßig in einem fehlerfreien Stromkreis zur Erde oder zu anderen fremden, leitfähigen Teilen
fließen kann.